Marlene, Sonst noch

Einhandsegeln in Friesland – Ein Selbstversuch

Teil 1 – Einhandsegeln in Friesland

Ich gebe zu, meine Erfahrungen im Einhandsegeln auf der Waarschip sind eher begrenzt. Begrenzt bis nicht vorhanden. Bisher war ich auf den diversen Wochenend- und Urlaubtörns entweder mit der besten Ehefrau von allen oder mit Freund Sascha unterwegs. Aber irgendwie haben mich ein paar Bücher aus der letzten Zeit doch angefixt: Guido Dwersteg, der mit seiner verhältnismäßig kleinen Bavaria Carpe Diem einhand um den Atlantik gesegelt ist, oder Maximilian Leßners „Im Zweifel für den Segelsommer“, dessen Ostseeabenteuer ich gerade auf dem Nachttisch habe.

Warum das Ganze also nicht selber mal probieren und in aller Ruhe von Heeg nach Stavoren, weiter nach Workum und zurück in den Heimathafen segeln? Da sollte mit Kanälen, Schleusen und dem Ijsselmeer alles dabei sein, um sich bei Sommerwetter mal daran zu gewöhnen. Und ein verlängertes Wochenende steht sowieso gerade an.

Nun mag das ein wenig blauäugig klingen und ein wenig geht mir die Muffe schon: Wie geht das mit dem Anlegen, bei Seitenwind, ohne helfende Hand am Vorschiff? Setzen und Bergen auf dem Wasser ohne jemanden, der die Pinne hält oder die Segel bedient? Der erfahrene (oder mindestens geübte Einhandsegler) mag jetzt schmunzeln und denken „alles kein Problem, tausend Mal gemacht“ – aber irgendwann ist immer das erste Mal.
Außerdem ist die Marlene eher „old school“ ausgestattet: Statt Rollreffanlage Stagreiter, statt Pinnenpilot oder Selbststeueranlage Gummistropse, die die Waarschip leidlich im Wind halten.

Jedes Manöver braucht also reichlich Vorüberlegung und Vorbereitung: Wenn die Leinen nicht da sind, wo sie hingehören, endet der Anleger auf dem Nachbarschiff – nicht gut für den Frieden am Steg, denke ich.

Samstag, 6. August 2016

Einhandsegeln - Treffpunkt Hafenkneipe

Am Vorabend nach dem üblichen Stop-and-go auf der A3 angereist, soll es jetzt losgehen. Die Marlene ist mit Strecktauen ausgestattet, die ich noch schnell in der Woche vorher gekauft habe – schließlich will man nicht über Bord gehen – und wenn, dann zumindest das Schiff nicht am Horizont verschwinden sehen. Keine fest montierte Version mit Beschlägen, sondern eine, die ich später einfach auch wieder abbauen kann, wenn es wieder in Gesellschaft aufs Wasser geht.

Der Wind bläst mit 4 Bft aus Süd das Heegermeer rauf und der Sommer zeigt sich ausnahmsweise mal von seiner schönen Seite. Also Motor an und los. Das Ablegen – lange diskutiert mit Knuth am Nachbarsteg – gelingt gut: Mit eingekuppeltem Motor vorne und hinten je eine lange Luvleine hangele ich mich Stück für Stück aus der Box. Vorne fieren, nach hinten dichtholen, Meter für Meter. Umständlich, aber sicher.

Durch den Hafenkanal aufs Heegermeer: Jetzt gilt es: Pinne festsetzen, Groß hoch, Fock hoch, hoch an den Wind. Ein Dutzend Wenden und Halsen später, vor dem Kanal nach Koudum, nimmt der Wind merklich zu und dreht, die Marlene legt sich auf die Seite. Das Grinsen im Gesicht ist festgetackert – läuft!! Leider geht der Spaß nicht allzu lang: Vor Koudum muss ich bergen, den Rest der Strecke motoren – direkt gegenan, denn ich habe keine Lust, auf den engen Kanälen bei viel Betrieb bis Stavoren zu kreuzen. Leise schiebt mich der Yamaha bis zur Brücke in Warns und nach Stavoren.

Durch die Schleuse

EinhandsegelnEigentlich war der Plan, im Gemeindehafen in Stavoren die Nacht zu verbringen. Ich mag den kleinen, ruhigen Hafen: Günstig, windgeschützt, nahe an des Dorfzentrums und nur einen Katzensprung zur Schleuse. Aber leider muss ich nach einer Ehrenrunde feststellen,
dass alle Boxen belegt sind: Auf dem Ijsselmeer vor Stavoren läuft gerade eine Skutjes-Regatta und in Stavoren ist Stadtfest. Also gut, dann halt ab in die Schleuse – erstes Anlegen allein, erstes Schleusen ohne Unterstützung. Alles läuft glatt: An der Achterleine pendele ich mich in der Gasse vor der Schleuse ein und harre der Dinge. Die Schleusentore gehen auf – jetzt wird es spannend. Rein in die kleine Kammer, nach vorne. Anlegen. Alles läuft halbwegs glatt und ohne Schaden an Mensch und Material. Leider besteht der Steward darauf, dass ich auskuppeln muss. Man möchte nicht, dass jemand, der in der Schleuse über Bord geht auch noch durch den Wolf gedreht wird. Na gut, macht Sinn. Ich muss also auch die Vorleine belegen. Die Tore öffnen sich, raus, geschafft. Der Puls geht langsam wieder auf Normalmaß runter.

Marina Stavoren

Jetzt muss ich nur noch im Außenhafen ein Plätzchen finden und anlegen. StavorenDer Wind steht quer auf den Hafen, keine günstigen Bedingungen. Am Meldesteiger passiert es dann: Falsche Seite ausgewählt, der Wind drückt mich an den Steg. Mist, Anfängerfehler denke ich. Also Achterleine nach Luv umtüddeln und eindampfen. Hätte ich mir ersparen können. Der Yamaha schiebt und der Bug geht vom Steg ab – nochmal Glück gehabt. Weiter zur Box. Um nicht allzu viel Hafenkino zu verursachen, liegt alles parat, die Luvachterleine geht über und langsam hangele ich mich nach vorne, während der Wind sich als Spielverderber bemüht. Vorleine über, Marlene steht. Puh. Jetzt kann nicht mehr viel schiefgehen: Mit dem Motor manövriere ich mich an die Leedalben und den Fingersteg. Leinen über, Motor aus, Bierchen auf…

Den Rest des Abends verbringe ich auf dem Stadtfest, im alten Hafen und beim Schnack mit dem netten, älteren Herren in der Nachbarbox, der auf seiner Bavaria 30 hier den Sommer über wohnt. Die Joggingrunde erspare ich mir heute: Ich hab genug Sport für einen Tag beim Einhandsegeln gehabt ….

Learning für Tag 1

Alles ist gut, wenn Du Dir beim Einhandsegeln die nötige Zeit nimmst: Lieber auf den Schokoladen-Platz warten und ein paar Kreise drehen, als hinterher die gleiche Zeit mit aufwendigen Manövern verbringen.

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