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Seenot-App KNRM Helps im Test

Hilfe bei Seenot

Weitgehend unbemerkt von der deutschsprachigen Seglergemeinschaft in den Niederlanden hat die Koninklijke Nederlandse Redding Maatschappij (KNRM) im letzten Jahr eine Notfall-App herausgebracht. Mit dieser App versorgt die KNRM Bootsfahrer während des Törns mit Informationen und alarmiert – falls notwendig und gewünscht – Notfallkontakte und die zuständigen Behörden. 

KNRM Helps – Seenot-App Review

Die KNRM ist die niederländische Schwesterorganisation der DGzRS. Sie ist zuständig für den Such- und Rettungsdienst an der niederländischen Nordsee-Küste und auf dem IJsselmeer. Die Finanzierung erfolgt, wie bei der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, durch private Spenden.

Mit ihrer App „KNRM Helps“ haben die niederländischen Seenot-Retter nun eine App in Englisch und Niederländisch herausgebracht, die sich primär an Freizeitskipper auf Motorboot oder Segelyacht richtet. Die App kombiniert dabei Routenplanung, Wetter- und Tideninformationen, Checklisten, einfache Seekarten und Notfallalarmierung in einem Programm.

Registrierung

Ist die App aus dem Google Play Store (Android) oder von  iTunes (iOS) geladen, erfolgt zunächst die Registrierung. Dabei werden die Kontaktdaten des Skippers abgefragt. Ergänzend dazu werden auf der Website KNRM Helps die relevanten Schiffsinformationen angegeben, auf welche die Seenot-Retter im Notfall zugreifen können. Auf der Website können darüber hinaus auch die letzten gespeicherten Trips eingesehen und die Notfallkontakte editiert werden.

Törns

Die App bietet zwei Modi an, um Reisen aufzuzeichnen: Im Sail Plan Mode werden vorher Start, Zwischenziele, Ziel und ETA festgelegt und Notfallkontakte (Freunde, Verwandte) festgelegt. Überschreitet die Yacht die ETA, werden eine Reihe von Alarmen ausgelöst: Zunächst wird der Skipper erinnert, den Reiseplan anzupassen, dann werden die Notfallkontakte informiert, schließlich wird eine SAR-Alarmierung ausgelöst. Die genauen Eskalationsstufen findet man in der englischen Dokumentation (LINK).

Im Track Only Mode wird lediglich die Route anhand der GPS-Positionen aufgezeichnet und abgespeichert. Die ersetzt zwar kein Logbuch, ist aber eine schöne Erinnerung an einen (hoffentlich schönen) Schlag. Neben dem GPS-Track können in beiden Modi nach Abschluss der Reise auch Fotos und kurze Texte ergänzt werden.

Notruf auslösen

Aus beiden Modi kann jederzeit ein (telefonischer) Notruf ausgelöst oder Hilfe von der KNRM Leitstelle angefordert werden. Für die Unterscheidung zwischen Not und Hilfe gälte die Faustformel SOS gleich Not, Pan Pan entspricht Hilfe.

Wetter und Checklisten

Zu einer ordentlichen Reiseplanung gehört auch ein ordentlicher Wetterbericht – über die KNRM App keine Problem: Für die geplante Route können die aktuellen Seewettervorhersagen mit Tideninformationen und Unwetterwarnungen per Knopfdruck angezeigt werden. Die Abdeckung ist nicht so dicht wie bei Windfinder, sollte aber ausreichend sein.

Dazu werden drei verschiedene Checklisten angeboten: Einwintern, Auswintern und Törnplanung. Hier werden alle „To-Dos“ für die jeweilige Schiffsart (Motorboot, Segler, Innen- oder Außenborder) zum abhaken bereitgestellt.

Funk vs Smartphone

Mit der KNRM App werden neue Wege in der Seenot-Alarmierung beschritten. Bisher wurde immer davon abgeraten, ein Handy für die Alarmierung zu nutzen: Die Position kann darüber nicht gepeilt werden und Schiffe in der Nähe bekommen den Notruf nicht mit. Außerdem ist ein koordinierter Funkverkehr durch die SAR-Kräfte über Mobilfunk nicht möglich.

Deshalb schätzen Seenot-Retter und Küstenwache, wenn Mayday, Pan Pan und Securité via Funk bei ihnen eingehen. Allerdings sind laut Erhebung der KNRM von rund 140.000 seegängigen Schiffen in den Niederlanden nur rund 40% mit Funk ausgestattet. Die Kombination aus detaillierten Crew-, Routen- und Schiffsinformationen stelle gerade für diese Gruppe einen enormen Vorteil gegenüber rein telefonischen Notrufen dar, so Henk Kok vom KNRM.

Für alle Fälle, in denen keine konkrete Seenot vorliegt, sondern nur allgemeine Unterstützung benötigt wird, rät die KNRM eher zur Nutzung der „Assistance“-Funktion der App als zum Funkspruch. Die App soll also Funk, EPIRB & Co nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Spenden

Last but not least: Sowohl in der App als auch auf der Website gibt es einen Spendenbutton (Donate): Leider funktioniert dieser nur mit niederländischen Mobilfunknummern. Wer trotzdem ein gutes Werk tun möchte: Die Seenot-Retter der DGzRS freuen sich auch über Zuwendungen (LINK).

Bald auch in Deutschland verfügbar

Bei der DGzRS ist derzeit eine deutsche Version in Planung, weitere Versionen für UK/Irland, Norwegen, Schweden und Finnland sind ebenfalls in Vorbereitung. Nach Aussage der DGzRS werden die jeweiligen Apps allerdings nicht übergreifend über alle Länder funktionieren sondern nur im jeweiligen Land der gewählten App. In Deutschland wird außerdem keine Alarmierung der SAR-Einheiten direkt über die App möglich sein. Die Eskalationskette ende laut Antke Reemts von der DGzRS bei den Notfallkontakten. Die hänge mit der unterschiedlichen Struktur der beiden Seenotrettungsdienste zusammen.

NACHTRAG 13.01.2017: Inzwischen ist auch von den Seenotrettern eine „baugleiche“ App unter den Namen „Safetrx der Seenotretter“ verfügbar. Eine ausführliche Review findet Ihr hier: LINK

Schwachstellen Akku und Netzabdeckung

Die Seenot Apps haben allerdings auch systembedingte Schwachstellen: Obwohl die Netzabdeckung in den küstennahen Bereichen und binnen sehr gut ist, wird es immer wieder Funklöcher geben, in denen eben keine Alarmierung möglich ist. Die Kenntnisse, wie der entsprechende Funkverkehr im Notfall abzuwickeln ist sind also nach wie vor wichtig.

Darüber hinaus zehrt das laufende GPS-Tracking und die Positionsübermittlung an der Akkukapazität der Smartphones. Wer also die Segel setzt, sollte vorher die Batterien seines Handys aufgeladen haben. Für längere Törns empfiehlt sich ein zusätzlicher, externer Akku. Diese sogenannten Powerbanks verhelfen dem SmartPhone zu einigen Zusatzladungen, ohne dass man einen Steckdose bemühen muss (LINK).

Fazit

Alles in allem haben wir den Eindruck, dass die KNRM Seenot-App gut geplant und umgesetzt ist. Gerade für kleine Boote ohne Funk stellt sie ein Mehr an Sicherheit dar. Auf der Waarschip wird sie bei den Schlägen in Ijsselmeer und Waddenzee sicherlich ab sofort mitlaufen. Auch wenn wir Funk an Bord haben: Haben ist besser als brauchen.

 

KNRM Helpt Video (Englisch)

 

Bildergallerie

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Für die freundliche Zusammenarbeit bedanken wir uns bei Antke Reemts (DGzRS) und Henk Kok (KNRM).

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