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Gefahren durch Hochseecontainer – Die UFOs der Ozeane

Hochseecontainer

Nach 44 Tagen auf See mussten bereits drei Yachten der Vendée Globe Regatta nach Kollisionen mit „Unidentified Floating Objects“ aufgeben. Zumeist handelt es sich hierbei um verlorene Hochseecontainer. Wie groß ist die Gefahr eigentlich wirklich? Die gute Nachricht zuerst: Wer auf dem Ijsselmeer oder den friesischen Seen unterwegs ist, dürfte kaum Gefahr laufen, einen ISO-Container zu rammen. Hier ist die Gefahr größer, aus Unachtsamkeit die eine oder andere Tonne zu erwischen – was wohl in der Regel maximal zu einer unschönen Markierung im Gelcoat führt.

Kollision mit Moby Dick

Neben Hochseecontainern stellen Wale und andere große Meeresbewohner die wohl größte Gefahr für Segelyachten dar. Viele Arten schlafen unmittelbar unter der Wasseroberfläche, oft in Schulen dicht nebeneinander. Dabei können Wale trotz eigentlich gutem Gehör die Yachten nicht wahrnehmen: Durch die Berufsschifffahrt orientierungslos, fällt ihnen ein Segler kaum auf.

All is Lost – Gefahr durch Hochseecontainer

Nicht erst seit Robert Redfords Film „All is Lost“ sind verloren gegangene Frachtcontainer leidlich bekannt. Sucht man aber nach konkreten Zahlen, variieren die Angaben stark. Einige Quellen reden von 10.000 Containern pro Jahr, andere von mehreren hundert. Die Studie der World Shipping Council (WSC) wird von Experten als relativ exakt bezüglich Zahlen eingestuft (LINK).

Statistiken des World Shipping Council zeigt Anstieg

Das Ergebnis war, dass laut laut der Studie sind zwischen 2008 und 2014 im Durchschnitt 546 Hochseecontainer jedes Jahr verloren gegangen. Inklusive Havarien wird die Zahl mit 1.679 angegeben. Zum Vergleich: 2013 wurden rund 120 Millionen Container auf Seeschiffen um die Welt gefahren.

Allerdings steigen die Zahlen der verlorenen Container über die Jahre: Während im Zeitraum von 2008-2010 jährlich rund 350 Container im regulären Schiffsbetrieb abhanden gekommen sind, hat sich die Zahl mit 733 Container für 2011-2013 mehr als verdoppelt.

Regionaler Anstieg durch Havarien

Noch gravierender sind die Verluste durch Havarien: Während von 2008 – 2010 durchschnittlich 675 Container aus diesem Grund über Bord gingen, betrug die Zahl 2011 – 2014 schon 2683 Stück.
Ausschlaggebend für den enormen Anstieg war die Havarie der MOL Comfort, die im Juni 2013 auf dem Weg von Singapur nach Jeddah  in zwei Teile brach und versank. An Bord des mit etwa 66 Millionen US-Dollar versicherten Schiffes befanden sich 4.382 Container mit Ladung im Wert von rund 300 Millionen US-Dollar.
Mehrere hundert Container gingen bei der Havarie der Rena im Oktober 2011 vor der Ostküste Neuseelands verloren.

Gründe

Hauptgründe für das Überbordgehen von Hochseecontainer sind laut einer Studie des e Office of National Marine Sanctuaries, einer Abteilung des NOAA (LINK):

  • Fehlerhafte Deklaration von Containergewichten (Überladung der Schiffe)
  • Fehlerhafte Verbindungen zwischen den Containern
  • Falsche Beladung: Schwere Container werden auf leichten platziert.
  • Überschreiten der erlaubten Ladungshöhe
  • Falsche Beladung der Container führt zu Verrutschen

Warum versinken die Container nicht?

Nach dem Überbordgehen sinken Container laut der NOAA Studie selten sofort. Abhängig davon, ob sie voll oder leer sind und von der Art der Ladung im Inneren, treiben sie für mehrere Tage oder sogar Wochen bevor sie sinken.
Hochseefrachtcontainer sind in den seltensten Fällen vollständig wasserdicht: Während ein leerer Container relativ schnell vollläuft und sinkt, ist die Zeitspanne bei voll beladenen Einheiten deutlich länger, da die verbliebene Luft erst durch das Wasser verdrängt werden muss.

Eine neuseeländische Versicherungsgesellschaft hat errechnet, dass ein 20-Fuß-Container ein Gewicht von 16 Tonnen überschreiten muss, bis er schließlich untergeht. Je größer der Anteil an leichtem Verpackungsmaterial im Inneren ist (z.B. Styropor-Verpackungen von Elektrogeräten), desto länger treiben die Container an der Oberfläche.

Dabei ist  – vergleichbar mit einem Eisberg – der größte Teil unter Wasser und damit unsichtbar, während nur wenige Zentimeter über die Wasseroberfläche ragen.

Ausblick

In Zukunft dürfte sich das Problem weiter verschärfen: Für die meisten Containerschiffe galt bisher eine maximale Größe von maximal 294,3 Meter Länge und exakt 32,3 Meter Breite (sog. Panamax-Klasse), bestimmt durch die Schleusen des Panamakanals.

Nachdem dieser nun erweitert wurde, betragen die maximalen Schiffsabmessungen seither 366 Meter Länge, 49 Meter Breite und 15,2 Meter Tiefgang (New Panamax oder Neopanamax). Damit steigt das Fassungsvermögen der Frachter von durchschnittlich 5.000 TEU („twenty-foot equivalent units“) auf rund 12.000 TEU.

Eine technische Lösung, um Yacht-Crews vor Kollisionen mit Containern und Meerestieren zu warnen, ist nicht kurzfristig zu erwarten. Alle derzeit erhältlichen Systeme (z.B. Radar) erfassen nur Objekte, die deutlich über der Wasseroberfläche zu orten sind.

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