Vor Lemmer soll eine gigantische Anlage zur Sandgewinnung im Ijsselmeer errichtet werden. Aufgrund von Protesten von Anwohnern, Naturschutzorganisationen und dem Niederländischen Fischerverband hat die Gemeinde Fryske Marren beschlossen, die Entscheidung für die Baugenehmigung zunächst auf das nächste Jahr zu verschieben.
Das Sandförderprojekt soll von der Baggergesellschaft Royal Smals BV durchgeführt werden und umfasst einen eine mindestens 250 Hektar große Arbeitsinsel und eine 60 Meter tiefe Grube im Ijsselmeer. Gefördert werden soll 30 Jahre lang. Die Industriegebäude auf der neuen Insel sollen bis zu 22 Meter hoch (ähnlich einer Wohnung von etwa 7 Stockwerken) und bis zu 100 Meter breit werden.
Breite Front gegen Sandgewinnung im Ijsselmeer
Gegen die Anlage hat sich inzwischen eine breite Front gebildet, die das Projekt verhindern will: Anwohner, Naturschutzorganisationen und Fischer fürchten dramatische Auswirkungen auf Natur, Fischbestände und Tourismus.
Für den Niederländischen Fischerverband ist es klar, dass das große Sandförderprojekt unbedingt aufgegeben werden muss, sagt Fischereimeister Johan Nooitgedagt, der auch Vorsitzender der Interessengemeinschaft PO Ijsselmeer ist. „Diese Form der Industrie in einem geschützten Natura-2000-Gebiet ist inakzeptabel. Die Sandgewinnung hat erhebliche Auswirkungen auf die Wasserqualität, den Fischbestand, die Ruhe, den Raum und die Weite des einzigartigen Gebietes“, sagt Nooitgedagt. „Darüber hinaus gehen 250 Hektar des Fischfanggebietes des Ijsselmeeres verloren. Das ist für uns inakzeptabel“.
Auch HISWA gegen die Pläne
Tourismus und Wassersport in und um das IJsselmeer sind mit einem Jahresumsatz von mehreren hundert Millionen Euro der mit Abstand größte Wirtschaftsfaktor in Friesland. Dieser Sektor bietet Arbeitsplätze und Lebensqualität in vielen friesischen Zentren, darunter auch in der Gemeinde Fryske Marren. „Die Touristen, die hierher kommen, wollen die Qualitäten der Landschaft genießen. Leider müssen wir aber feststellen, dass unsere Gäste durch die großen industriellen Aktivitäten in der Region Ijsselmeer zunehmend abgeschreckt werden. Dazu gehören die großen Windparks, die in und am Rande des Ijsselmeer entstehen. Das alles sind Aktivitäten, die die Offenheit, Stille und Weite dieses schönen Natur- und Erholungsgebietes ernsthaft beeinträchtigen. Als Interessenvertretung der Freizeit- und Wassersportindustrie sind wir sehr besorgt. Schließlich sind diese Entwicklungen unumkehrbar, und es werden immer mehr. Die Regierung, einschließlich der Zentralregierung, berücksichtigt die kumulativen Auswirkungen der oben genannten Entwicklungen nicht.“ so ein HISWA-Sprecher
Sand für Bau und Infrastruktur
Sand ist zu einem kostbaren Rohstoff in der Bauindustrie geworden. Nach Angaben von Statista ist Sand nach Wasser der meistverbrauchte Rohstoff der Welt mit enormen Wachstumsraten. Während die Nachfrage immer weiter steigt, werden die Ressource jedoch knapp. In den letzten 30 Jahren sind die Preise für Sand um über 30 Prozent gestiegen. Dabei gehen 95 Prozent in die Bauindustrie (für den Bau eines Einfamilienhauses werden beispielsweise unglaubliche 200 Tonnen Sand benötigt). Das lukrative Geschäft soll im Ijsselmeer an die niederländische Firma Royal Smals vergeben werden.
Die Sandgewinnung und -produktion ist seit 1885 eine der Kernaktivitäten von Royal Smals. Nach Angaben des Baggerunternehmens erfolgt die Sandgewinnung mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt und die Umgebung.
In einer Stellungnahme auf der Website schreibt das Unternehmen: „Die Sandgewinnung im IJsselmeer ist für die Betonindustrie von großer Bedeutung. Nach jahrelanger Forschung und Vorbereitung hat Royal Smals eine Genehmigung für den Beginn der Sandförderung 7 km vor der Küste des Noordoostpolder beantragt. Mit einer speziellen, in die Natur integrierten Arbeitsinsel können wir unsere Geschäftstätigkeiten äußerst effizient und nachhaltig realisieren. Mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt und die Umgebung werden natürliche Möglichkeiten, Beschäftigung, Schifffahrt und mögliche Erholung gefördert.“
Sandaufbereitungsanlage
Smals hat sich für eine kreisförmige Förderbohrung im IJsselmeer entschieden. Damit sei eine möglichst sinnvolle Raumnutzung und ein möglichst geringer Energieverbrauch zu erwarten.
Der gewonnene Sand wird in einer Sandaufbereitungsanlage verarbeitet, um ihn für die Betonindustrie geeignet zu machen. Durch diese Maßnahme auf einer noch zu bauenden 7 ha großen Arbeitsinsel stehen ausreichend Stauraum und ein stabiler Untergrund zur Verfügung. „Die Auswirkungen der Insel auf die weite Umgebung des IJsselmeeres sollten so gering wie möglich sein“, so Smals.
Bürgeranhörung
Die vollständige Akte für den Genehmigungsantrag wird voraussichtlich ab dem 2. März zur Einsichtnahme zur Verfügung stehen. Am 22. März findet eine Bürgeranhörung im Rathaus von Oudemirdum statt.
Parallel wurde eine Onlinepetition gegen die Förderaktivitäten ins Leben gerufen: LINK
Quellen und Bildnachweis: Statista.com | geenzandindustrieijsselmeer.nl | maritiemnederland.com | Royal Smals BV