Der Ankerball – eine abschließende Betrachtung
[Schwarzfunk] Richtiger Umgang mit dem Ankerball: Eigentlich sollte doch alles klar sein – ein ordentlicher Segler ist mit dem Erwerb des Segelscheins automatisch mit allem Wissen und aller Erfahrung ausgestattet, die zur (stil-)sicheren Führen eines Segelfahrzeugs notwendig sind. Trotzdem entbrennen gerade über die vermeintlich einfachsten Fragen unerbittliche Grabenkämpfe. Grund genug, die verschiedenen Themen im Rahmen des wöchentlichen Tages der maritimen Grundsatzdiskussionen noch einmal ganzheitlich zu betrachten.
Wann wir der Ankerball gesetzt?
Ein Ankerball wird grundsätzlich nur bei Tag gesetzt (nachts ersetzt durch das Ankerlicht – auch „Mond von Wanne-Eickel“). Die Zeiten des Setzens und Niederholens gibt ein vor Anker liegendes Kriegsschiff an.
Jede deutsche Yacht ist verpflichtet, in einer fremden Ankerbucht sich den Gepflogenheiten des Gastgebers anzupassen. Ist gerade kein Kriegsschiff verfügbar (zum Beispiel in Friedenszeiten, auf dem Steinhuder Meer oder den friesischen Seen), muss mit dem Ankern so lange gewartet werden, bis sich eines in Sichtweise befindet. Für den unabhängigen Segler bietet die deutsche Werft Nobiskrug aus Rendsburg bei Kiel formschöne Kriegsschiffe auch für den kleinen Geldbeutel an.
Der Ankerball wird gut sichtbar – zum Beispiel am Vorstag – gesetzt. „Gut sichtbar“ bezieht sich hier natürlich auf die eigene Besatzung. Die Crews anderer Schiff sind meistens sowieso Banausen, die die Lage nicht richtig einschätzen können.
Richtige Lagerung des Ankerballs
Der Ankerball sollte möglichst tief in einer Backskiste oder an einem vergleichbaren Ort gelagert werden. Um sicherzustellen, dass der Ankerball nicht versehentlich gesetzt wird, sollten möglichst viele, sperrige oder schwere Gegenstände darüber angeordnet werden.
Setzen des Ankerballs – Kleidungsempfehlung und Dresscode
Auch wenn Traditionen von vielen Seglern als „unnötiger Ballast“ oder „Beschränkung der persönlichen Freiheit“ abgetan werden: Es gibt sie dennoch und sollten gerade im Ausland strikt eingehalten werden.
Beim Setzen und Bergen des Ankerballs richten sich die Bekleidungsvorschriften nach der Schiffsgröße: Für Yachten über 50 Meter haben sich langes Ballkleid für die Damen und (hellem) Smoking für die Herren durchgesetzt. Für kleine Yachten unter 50 Meter und Jollen ist die Etikette deutliche einfacher einzuhalten: Hier gelten der klassische Zweireiher mit Goldknöpfen für die Herren und ein mindestens knielanges Kleid für die Damen als angemessen.
Auf Segelschuhe oder –Stiefel ist aus Gründen der Optik zu verzichten: Sicherheitsaspekte treten hinter der Etikette zurück.
Alkoholische Getränke
Um der guten Seemannschaft zu genügen, werden bei der Ankerball-Parade vom Steward leichte Cocktails oder Longdrinks serviert (beispielsweise Gin mit Tonic oder Gin-Tonic). Vor Fahrtantritt ist vom Schiffsführer ein verantwortlicher Steward zu benennen.
Ankerball im Ausland
Nicht immer gelten die Regelungen zum Ankerball im Ausland genauso wie auf heimischen Gewässer. In den Niederlanden wird das Setzen eines schwarzweißen Ankerballs nach der verpatzten EM Qualifikation 2016 als Affront betrachtet (siehe Titelbild). Als guter Ton gilt hier ein schlichter, schwarzer Ankerball.
Das Beispiel zeigt, dass sich der Skipper vor Antritt der Reise gut über das jeweilige Segelrevier informieren sollte, um vor Ort nicht unangenehm aufzufallen.
Musikalische Begleitung
Hinsichtlich der musikalischen Begleitung sind keine kodifizierten Regeln überliefert. Der verantwortliche Kapellmeister hat jedoch darauf zu achten, dass die musikalische Begleitung dem Zeremoniell würdig ist. Eine nicht abschließende Ausfall findet sich hier (weitere Gebräuche dürfen in den Kommentaren hinzugefügt werden).
Ausnahmeregelungen
Auch wenn die Vorschriften zum Setzen des Ankerballs grundsätzlich für alle gelten, wurde für die Superyachten von russischen Oligarchen eine Ausnahme-Regelung einführt. Da eine Kollision mit diesen Schiffen ausgeschlossen ist (sich annähernde Fahrzeuge werden unverzüglich versenkt), gelten bei Nachweis von ordnungsgemäßer Bewaffnung (so genanntes „Torpedozertifikat“) erleichterte Ausrüstungsvorschriften.
Bildnachweis: Von Bundesarchiv in Wikipedia, Bild 183-N0716-0314 / Mittelstädt, Rainer / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de